bsnCoronaKommentar

Bin ich ein Covidiot?

Seitdem die Corona-Welle Deutschland erreicht hat, habe ich auf vieles verzichtet: Auf private Reisen, auf lukrative Aufträge im Ausland, darauf Leute zu treffen, unter Menschen zu gehen an der Pommesbude rum zu stehen und sogar aufs Motorradfahren – weil ich nicht durch irgendeinen blöden Unfall ein Bett im Krankenhaus belegen wollte.

Ich habe meinen Bunker geschlossen, als die Infektionszahlen im März dramatisch stiegen. Es gab keine Anweisung, ich hätte alles offen lassen können. Die neuen Kollegen wurden trotz Probezeit nicht entlassen. Alle haben bei 100% Gehalt zuhause gesessen. Geöffnet haben wir erst zwei Wochen, nachdem wieder aufgemacht werden durfte. In der Zwischenzeit wurden etliche Desinfektionsmittelspender montiert, wir hatten zehntausend Einwegmasken und mehr als 250l Desinfektionsmittel eingelagert, falls das auch wieder knapp wird. Kurz gesagt: Jeder Prepper wäre vor Neid erblasst. Die Masken waren aber nicht schwer zu besorgen. Das Internet war voll davon – man musste nur 2-3 Wochen Lieferzeit für die Lieferung aus Wuhan einplanen. (das ist kein Spass, sie kamen von dort)

Seitdem wir wieder auf haben, kommt natürlich niemand ohne korrekt sitzenden Mund-Nasenschutz rein. Wir kontrollieren das im Gebäude regelmäßig. Auch dadurch entstehen Personalkosten. Zwingend nötig wäre das nicht. Zusätzlich kann man im Eingangsbereich kontaktlos seine Temperatur messen, alles ist gut belüftet, die Mitarbeiter sind hinter einem neun Meter langen Spuckschutz versteckt und Nachts werden die Räume per UV-C Lampen bzw. Ozon desinfiziert. Alles, was man anfassen könnte, wird stündlich desinfiziert. Gerade haben wir HEPA-Filter bestellt, um die Luft drinnen noch reiner zu halten. 

Die Frage, die ich mir die ganze Zeit stelle ist: Was habe ich eigentlich davon? Die üblichen Antworten sind, dass es „gut“, „ehrenhaft“ oder einfach „richtig“ sei. Nun, dass war nicht die Frage. Ich verzichte auf vieles im Leben und gebe viel Geld für Dinge aus, für die ich kein Geld ausgeben müsste. Außer ein paar Twitter-Fans dankt es mir niemand.

Fährt man derzeit ohne Maske mit der Bahn, wird das nicht belangt. Reist man ins Risikogebiet, sagt es niemandem, macht keinen Coronatest, so wird das nicht belangt. Geht man ohne Maske in den Supermarkt, so wird das nicht belangt. Jeden Abend hunderte Leute bei sich im Lokal feiern lassen (also insgesamt Tausende) ohne Einhaltung der Corona Regeln? Kein Problem. Die Gefahr auch nur ein Bussgeld zu zahlen ist gering. Und selbst wenn: Es liegt bei wenigen tausend Euro. Das mag für eine Privatperson, welche aufgrund der Pandemie gerade ihren Job verloren hat, nach viel Geld klingen. Ist es aber nicht. Wenn man dadurch 5.000 Gäste mehr hatte und dann 5.000 € Bußgeld zahlen muss, so ist das eine Partygebühr von 1,00 € pro Person. Also warum nicht? Direkt vor meiner Tür befindet sich ein Lokal, welches als Corona-Party-Lokal durch die Presse ging. Sie durften direkt wieder öffnen, wenn sie sich ab jetzt an die Regeln halten. Wen genau soll das beeindrucken? Nun werden die Regeln wieder verschärft. Auch das trifft wieder nur die Leute, die sich daran halten. Wer sich bisher nicht dran gehalten hat, muss es jetzt ja auch nicht tun.

Zurück zu meiner Frage: Warum sollte ich mich dran halten? Hätte ich meinen Betrieb so lange wie möglich offen gelassen und zum frühstmöglichen Termin wieder geöffnet, die neuen Mitarbeiter sofort rausgeworfen und den Rest auf Kurzarbeitergeld gesetzt (ohne aufzustocken), so hätte ich locker einen sechsstelligen Betrag gespart. So haben es genug andere gemacht. Würde ich jetzt nur das Pflichtprogramm machen, würde ich auch viel Geld sparen: Einfach einen leeren Desinfektionsmittelspender an die Kasse und ein handgeschriebenes Schild „Bitte Maske tragen“ und fertig! 

Im Gegensatz dazu die Leute, die sich an Nichts gehalten haben: Sie mussten nie eine Maske tragen, konnten billig in den Urlaub fliegen, Freunde treffen und jedes Wochenende feiern, bis sie irgendwas vollkotzen. Falls sie Arbeitgeber sind, müssen sie sich nicht drum kümmern, ob jemand den Job behält und sich nicht um Masken oder Desinfektionsmittel in größeren Mengen kümmern. Und von dem Gesparten können sie jeden Monat billig in den Urlaub fliegen.

Am Ende haben die Leute gewonnen, die sich ein Scheißdreck um alles geschert haben. Sie hatten kein Stress, sie mussten auf nichts verzichten, sie wurden für nichts belangt. Wer ist in dieser Geschichte also der „Covidiot“? Ich habe das Gefühl, dass ich es bin. 

Es gilt wie immer: Wer fair spielt, verliert ehrlich.

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