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Länder fühlen sich im Gesetzgebungsverfahren übergangen

Foto: Hamburgische Bürgerschaft,

Hamburg (dts) – Die Länder fühlen sich im Gesetzgebungsverfahren immer öfter vom Bund übergangen. Das geht aus einem Beschlussentwurf hervor, aus dem die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Samstagsausgabe) zitiert. Hamburg und Bremen wollen daher auf der Justizministerkonferenz im November den Bund auffordern, künftig angemessene Fristen für die Länderbeteiligung im Gesetzgebungsverfahren anzusetzen.

Hintergrund ist die ausgreifende Praxis, den Ländern im Gesetzgebungsverfahren nur äußerst kurze Fristen für die Beteiligung einzuräumen, die eine angemessene Beschäftigung mit dem Vorhaben faktisch unmöglich machen. Dieses Vorgehen des Bundes wurde bereits im letzten Jahresbericht des Nationalen Normenkontrollrates gerügt. „Die Qualität eines Gesetzes hängt auch davon ab, dass alle Beteiligten ausreichend Zeit hatten, den Gesetzentwurf zu prüfen und Verbesserungen vorzuschlagen“, sagte die Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne). Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit. Die Fristen von Seiten des Bundes seien oft so knapp, dass die Länder selbst dann keine angemessenen Stellungnahmen abgeben könnten, wenn die Beamten Sonderschichten einlegten. „Bei Fristen von teils sogar nur zwei Tagen kann man die Praxis faktisch nicht mehr beteiligen, weshalb wichtige Erkenntnisse gar nicht einfließen können.“ Beispiele waren zuletzt mehrere Änderungen im Mietrecht und die Gesetzesverschärfung zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch, in denen die Fristen zwischen 15 und 18 Tagen lagen, bei der Neuregelung des Geschlechtseintrags 2019 waren es nur zwei Tage. 30 Tage gab es für die Gesetze zur Bekämpfung von Hasskriminalität im vergangenen Winter, doch es handelt sich um ein kompliziertes Gesetzespaket, und die Frist lief über die Weihnachtsferien. „Wir brauchen deshalb längere Fristen, ohne die eine sachgerechte Praxisbeteiligung kaum möglich ist“, sagte Gallina. Die Grünen-Politikerin verweist auch auf die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien, die festschreibt, dass Entwürfe von Gesetzesvorhaben „möglichst frühzeitig“ den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zuzuleiten sind, wenn deren Belange betroffen werden. Hamburg und Bremen wollen auf der Justizministerkonferenz nun Fristen von mindestens vier Wochen fordern, mit Blick auf die vielen Unterbeteiligungsschritte seien oft sogar sechs Wochen erforderlich. Auf ihrer Seite haben sie die kommunalen Spitzenverbände, die sich in der gleichen Angelegenheit erst vor einigen Wochen mit einem Brief an Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) wandten. Die Spitzenverbände wollen das Thema bei ihrem nächsten Austausch mit der Bundeskanzlerin ansprechen. Aus Sicht der Länder sind die kurzen Fristen allerdings nicht der einzige Punkt, in dem sie sich vom Bund an den Rand gedrängt sehen. Fast noch schwerer wiegt der Vorwurf gegen den Bundestag, dass die Parlamentarier Gesetzesvorlagen der Länder aus dem Bundesrat immer öfter ignorierten. Beispielhaft nennen Bremen und Hamburg den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kammern in internationalen Handelssachen. Die Länder brachten ihn 2010 und 2014 nahezu wortgleich ein, jedes Mal verfiel er mit Auslaufen der Wahlperiode wegen des Diskontinuitätsprinzips. 2018 brachten die Länder den Entwurf zum dritten Mal ein – bis heute liegt er unbehandelt in der Bundestagsverwaltung, obwohl der Bundestag laut Grundgesetz verpflichtet ist, die Vorlagen in „angemessener Frist“ zu beraten. Regelmäßig würden die Länder vom Bundestag ignoriert, sagte die Justizsenatorin. Dadurch würden die Besonderheiten der Länder, die in den Gesetzesvorlagen zum Ausdruck kommen, einfach nicht berücksichtigt. Das sei „Gift für das wichtige und sinnvolle Engagement der Länder“.

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