bsnCoronaKommentar

Virtuelle Corona-Party beendet

Die LucaApp soll die Nachverfolgung von Kontakten im privaten Umfeld, aber auch für Restaurants, Museen und andere Betriebe bieten. Die mit dieser App ermittelten Daten sollen bei Bedarf von den Gesundheitsämtern genutzt werden, um die Ausbreitung des Coronavirus besser verfolgen zu können. Zeit, einen Selbstversuch zu starten. Ich konnte nicht ahnen, wie das aus dem Ruder laufen sollte.

Am Anfang stand eine einfache Idee: Die LucaApp testen. Einfach eine private Veranstaltung erstellen und Freunde bitten, sich in dieser einzubuchen. Was soll schon passieren? Es werden keine privaten Daten geteilt und die App läuft auf einer großen Serverfarm. Also teilte ich den Luca App QR-Code für meine Corona-Party auf Twitter. Und es buchten sich Leute ein: zehn, zwanzig, dreißig. Die erste Zahl in der App zeigt, wie viele Leute gerade in der Veranstaltung eingebucht sind, die zweite Zahl zeigt, wie viele Leute insgesamt eingebucht waren. Doch dann stieg die Zahl der aktuell Anwesenden über die Zahl derer, die insgesamt eingebucht waren. Das sollte nicht möglich sein, ist aber ein bekannter Software-Fehler. Man kann den Zähler der Veranstaltung mit einem manipulierten QR-Code in die Höhe treiben, ohne sich wirklich einzubuchen. Man kann dies auch direkt über die Kommandozeile eines Computers automatisieren.

Ein Problem stellt das nicht dar. Alle echten Nutzerinnen und Nutzer der App würden im Fall einer Infektion erreichbar sein. Nur die manipulierten QR-Codes würde man nicht erreichen.

Schnell stieg die Zahl der Anwesenden über 100.000, dann 200.000 und am Ende auf rund 614.000 Personen bzw. 614.000 QR-Codes und 210 echte Personen.

Entwicklung der Teilnehmerzahlen. Quelle: AmXa_ict

Kurz darauf meldete sich Smudo bei mir und beantwortete mir kurz ein paar Fragen zur App, zur Sicherheit und zur Anonymität, dann war die Veranstaltung beendet. Niemand konnte sich mehr einloggen. Doch ein Problem blieb: Die App auf meinem Handy war bei 411.468 hängen geblieben, aktualisierte sich nicht mehr und ließ mich die Veranstaltung auch nicht mehr beenden.

Also alles wie früher: Wenn die Spaßpolizei die Party beendet, bleibt der Gastgeber auf den kaputten Sachen sitzen.

Update
Nachdem der Betreiber der App die Veranstaltung gelöscht hat, berichten Nutzer von Problemen: Sie werden immer wieder in die nicht mehr vorhandene Veranstaltung eingebucht.

Update 2:
Auf Twitter teilt Patrick Henning, einer der Macher der Luca-App, mit: „aufgrund eines offensichtlichen Missbrauchs wurde das Treffen systemseitig beendet.“

Gegenüber dem Neues Deutschland heisst es jedoch: „(…) ob die Luca-Entwickler die Löschung vornahmen. Im Gespräch mit der PR-Agentur verneint man diese Möglichkeit. Lenze habe schlicht die maximale Anzahl für eine private Veranstaltung erreicht (…)“

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