bsnIn eigener Sache

Eurowings pausiert Werbung für Anti-Nazi Ausstellung

Wir stellen uns gegen Nazis – doch Eurowings nimmt unsere Anzeige von den Boardkarten. Wir fragen uns, warum das so ist.

Der Berlin Story Bunker von aussen – innen die Ausstellung

Am 27. November 2023 meldete sich das Unternehmen Ink Global, welches die Vermarktung von Eurowings übernimmt. Sie fragten, ob wir unsere „Touristen Attraktion“, also die Dokumentation „Hitler – wie konnte es geschehen“ bei ihnen auf den Bordkarten bewerben wollen. Ich fragte bei der Lufthansa Tochter Eurowings an, ob das Unternehmen wirklich diesen Auftrag hat. Es hieß, dass es die offiziellen Eurowings Bordkarten und andere Dinge seien, welche das Unternehmen für Eurowings „lediglich verwalte“. OK, los. Der Kontakt war schnell, Antworten kamen per Mail oft in Minuten. 

Für einen fünfstelligen Betrag wurden die Werbeflächen auf den Bordkarten der Flüge nach Berlin im Januar, Februar und Teilen des März gebucht. Unsere simple Anzeige wurde eingereicht und abgenommen. „Wir konnten die Kampagne starten. Im Anhang die Bordkarten Vorschau.“ Erklärte man mir. In der Anzeige sind nur die Logos und inhaltlich das Gleiche erklärt, was auch auf der Startseite der Homepage steht. Also keine großen Überraschungen für einen Werbepartner, welcher anbot, genau dafür Werbung zu schalten. Es schien alles zu laufen. 

Musterticket von Ink Global mit der abgenommenen Anzeige

Am 5. Februar 2024 lasen wir gerade die Nachricht, dass ein Student in Berlin von einem Antisemiten ins Krankenhaus geprügelt worden war und überlegten, wie wir weiter Opfern der rechten und antisemitischen Gewalt helfen können. Da erreichte uns die E-Mail mit dem zunächst trivial schienenden Inhalt: „Ich habe eine Anfrage von Eurowings erhalten, ob wir den gelben Banner links bei der Anzeige entfernen können, da groß ‚Hitler‘ draufsteht“. Ja, das Logo von „Hitler – wie konnte es geschehen“ beinhaltet das Wort Hitler. Das Logo verwenden wir seit Jahren. Die Ausstellung zeigt auf 3.500qm im Bunker, wie die Nazis ihr menschenverachtendes Terrorregime aufbauten, wie Millionen zu Opfern wurden und wie das Regime am Ende gestürzt werden konnte. Heute wichtiger denn je, über diese Dinge aufzuklären. Wir begrüßen mehr als 350.000 Gäste im Jahr. Darunter viele VIPs, wie Delegationen ausländischer Armeen, Gruppen von Botschaften und Politikerinnen und Politiker. Nie gab es Probleme mit dem Namen oder dem Logo.


Kurator Wieland Giebel, Botschafter des Staates Israel Ron Prosor und Museumsdirektor Enno Lenze.
„Ich bin beeindruckt von dieser Dokumentation, die viel mehr Menschen sehen sollten.“ – Ron Prosor

Was steckt dahinter, fragen wir uns, dass Eurowings die umfangreichste Dokumentation gegen den Nationalsozialismus und Antisemitismus plötzlich nicht mehr bewerben möchte? Welche geschäftlichen oder politischen Interessen werden dort vertreten, dass die nach Deutschland kommenden Fluggäste nichts davon erfahren sollen, wie wir uns gegen Fremdenfeindlichkeit stellen?

Wir wurden also gefragt, ob wir werben wollen. Dann wurde die Anzeige exakt so abgenommen. Dann wurde das Geld genommen. Damit ist der Vertrag von beiden Seiten abgeschlossen. Nun war es auf einmal nicht mehr ok. Doch wer hatte sich worüber beschwert und wo genau lag das Problem?

Wir antworteten, dass ich genau das gerne wissen wollen. Wir hatten immer wieder mit Unternehmen zu tun, welche sagten, es habe „Beschwerden“ oder „Sorgen“ gegeben. Auf Nachfrage war die Person dann aber nie zu finden. Ab und zu stellte sich heraus, dass es nur ein persönliches Problem mit der Ausstellung war. Daher unser Interesse, die Person einfach selber persönlich zu sprechen. 

Doch auf unsere Rückfragen hin meldete sich niemand mehr. Niemand war bereit, persönliche Verantwortung dafür zu übernehmen, dass Werbung für einen Ausstellung gegen den Antisemitismus verschwinden sollte. Der sonst schnelle und einfache Austausch brach zusammen. Der Tag endete ohne eine Antwort. Am 6. Februar teilten uns Bekannte mit, sie hätten auf ihrer Bordkarte nach Berlin keine Werbung von uns gehabt. Wir kauften zur Sicherheit selber ein Ticket: Ja, keine Werbung mehr. Die Fläche wurde nun von Eurowings genutzt. Erneut fragte ich Eurowings und Ink Global an. Ink Global teilte mit, sich im Laufe des Tages zu melden. Taten sie jedoch nicht. Eurowings antwortete gar nicht.

Am 06. Februar 2024 gekauftes Ticket

Da die von uns präferierte Anwaltskanzlei unseren Social-Media-Kanälen folgt, bot diese sofort an, das schnell und hart zu regeln. Ich ging davon aus, man könne dies auch einfach direkt klären. 

Am 7. Februar teilte Ink Global mit, dass Eurowings ihnen aufgetragen habe Eurowings: „remove the word “Hitler” from the boarding pass“ („das Wort ‚Hitler‘ vom Boardingpass zu entfernen“) und dass die Kampagne ohne Rücksprache mit uns „pausiert“ worden sei. Der Versuch jemand zuständigen bei Eurowings zu erreichen scheiterte.

Statt vielen E-Mails pro Stunde waren wir also auf eine am Tag runter. Kein Telefonkontakt. Kein Angebot, wie man es klären könnte.  

Für die Tochter eines ehemaligen Staatsunternehmens und immer noch großen Unternehmens, wie der Lufthansa, eine ernüchternde Bilanz. 

„Hitler – wie konnte es geschehen“ ist der Name der Ausstellung, die sich explizit gegen Nationalismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit richtet. Genau das wollen wir vermitteln – und bewerben.

Das klärende Gespräch

Am achten Februar fand ein klärendes Gespräch zwischen einem Verantwortlichen bei Eurowings und uns statt. Sie haben Verständnis für unseren Ärger und wollen es gerne schnell regeln. Unsere Ausstellung und unser Engagement finden sie richtig und wichtig. Eurowings hält unsere Ausstellungen in Zeiten wie heute für besonders relevant. Jedoch haben sich Kunden über das zu prominente Logo beschwert. Daher kann die Werbung in der jetzigen Form nicht weiter bei Ihnen erscheinen. Zur Art und zum Umfang der Beschwerden konnte Eurowings aus Gründen des Datenschutzes keine Auskunft geben.

Keine Zusammenarbeit mehr

Am Ende des ausführlichen Telefonates zeichneten sich zwei Möglichkeiten ab: Die Werbung so ändern, dass das Logo der Ausstellung nicht mehr vorkommt und durch ein anderes ersetzt wird oder den Vertrag auflösen. Wir besprachen die Möglichkeiten im Team. Eine so kleinteilige Verhandlung über Farben und Logos, ohne auch nur eine Beschwerde zu kennen, ist müßig. Wir entschieden uns daher, den Vertrag vorzeitig aufzulösen.

Werbung