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Schulen in NRW: Millionenteure Brockhauslizenz läuft aus

Vor drei Jahren kündigte das Land NRW an, 2,6 Millionen für digitales Lernen bereitzustellen. Ein Großteil davon ging in eine Brockhauslizenz für drei Jahre. Viele Schülerinnen und Schüler werden daraufhin erst mal gegoogelt haben, was Brockhaus ist. Am Ende hat den Steuerzahler jeder Klick ins Lexikon mehr als 20 € gekostet. 

Der Brockhaus - auf CD 2004. Foto: CC-By-sa Hannes Grobe
Der Brockhaus – auf CD 2004. Foto: CC-By-sa Hannes Grobe

Das Land NRW erklärte damals in einer Pressemitteilung: „Im Auftrag des Ministeriums für Schule und Bildung hat die Medienberatung NRW zur Förderung eines effizienten und verantwortungsvollen Umgangs mit Informationen, Daten und Medien eine Drei-Jahres-Lizenz für ein Paket des Brockhaus Online-Nachschlagewerks erworben“. Wir fragen uns: War das ein nachhaltiges Investment?

Hintergrund

Das Ministerium für Schule und Bildung in NRW hat sich das Ziel gesetzt, die Schullandschaft des Landes in das digitale Zeitalter zu führen und den Schülerinnen und Schülern neue Chancen für „eine zeitgemäße und zukunftsorientierte Bildung“ zu eröffnen. Neben dem Ausstattungsprogramm für digitale Endgeräte wie Tablets gab es auch eine Fortbildungsoffensive zur Qualifizierung der Lehrkräfte. 

Einsatzmöglichkeiten der Brockhauslizenz

Die Brockhauslizenz wurde gezielt für den Schulbereich aufbereitet und kann in allen Unterrichtsfächern und fächerübergreifend eingesetzt werden. Sowohl für Lernanfänger als auch für Schülerinnen und Schüler, die weiterer Unterstützung bedürfen, soll die digitale Plattform vielfältige Zugänge bieten. Laut der Website enthält das Online-Nachschlagewerk auch Bilder, Grafiken, Karten sowie Audio- und Videodateien. Also das, was jede Homepage heute beinhaltet. 

Richtiges Recherchieren lernen

Gerade wenn es darum geht, Schülerinnen und Schülern beizubringen, wie man „richtig recherchiert“, stellt die Nutzung einer proprietären Online-Enzyklopädie wie Brockhaus den falschen Weg dar. Sobald sie die Schule verlassen haben, haben sie keinen Zugriff mehr auf diese Wissensquelle. Richtiges Recherchieren sollte sich an der Lebenswirklichkeit aller orientieren und dort beginnen, wo sie sich am häufigsten informieren: Google, TikTok und Twitch. Im besten Fall sollten sie lernen, wie sie verantwortungsbewusst mit digitalen Medien umgehen, wie sie Fake News erkennen und wie sie sich selbst eine Meinung bilden.

Nachhaltigkeit der öffentlichen Mittel

Millionen für eine zeitlich befristete Brockhauslizenz zu zahlen, zeigt, dass man mental im vergangenen Jahrtausend festhängt und sich nicht an der schnelllebigen Welt junger Menschen orientieren kann. Hier hätte man gut zeigen können, dass langfristige und teure Abos häufig keine gute Idee sind. Stellt sich die Frage, ob das Angebot wenigstens genutzt wurde. Die wollte jemand über die FragDenStaat-Anfrage „Nutzung der landesweiten Brockhauslizenz“ herausfinden. 

Das ernüchternde Ergebnis: „Gab es insgesamt 67.711 Seitenaufrufe im Brockhaus Service des Landes NRW“. Seitenaufrufe – das heißt nicht einzelne Recherchen, sondern einfach nur Klicks auf eine der Seiten. Somit kommt man auf mehr als 23 € pro Klick. Dabei wurde das Angebot massiv beworben, so die Antwort des Ministeriums. Zum Beispiel „Permanente News auf der Startseite der Bildungsmediathek NRW“. 

Die Investition von Millionen Euro in eine Drei-Jahres-Lizenz ist langfristig betrachtet nicht nachhaltig. Nach Ablauf der dreijährigen Laufzeit wird der Druck groß sein, die Lizenz zu verlängern, da andernfalls die bis dahin erworbenen Kompetenzen der Lehrkräfte im Umgang mit dem Brockhaus-Online-Nachschlagewerk verloren wären. Sowohl aus didaktischen als auch aus wirtschaftlichen Überlegungen wären die Millionen Euro daher besser in die Vermittlung von Kompetenzen zum „Richtigen Recherchieren mit Wikipedia, YouTube & Co“ investiert gewesen.

Die Diskussion über den Einsatz digitaler Lernmittel in Schulen sollte daher weiterhin offen geführt und die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler im Fokus behalten werden.

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