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Verletzte Peschmerga zur Behandlung in Berlin

Wenn Peschmerga im Kampf gegen den IS verletzt werden und einen Spezialisten für die Behandlung brauchen, kommen sie oft nach Deutschland. Sobald ihr Zustand es zulässt, wollen sie auch etwas von der Republik sehen, wobei ich gerne helfe.

Im vergangenen Sommer stand ich dem IS in Daquq gegenüber, geschützt wurde ich durch ein Sicherheitsteam von Kaka Hama. Seine engen Vertrauten wichen nicht von meiner Seite und ich kam sicher wieder zurück. Einer dieser Peschmerga wurde kurz nach meiner Abreise durch eine Mine verletzt. Sein Körper war an mehr als zwanzig von Schrapnellen durchbohrt und sein Trommelfell wurde verletzt. Die einfachen Behandlungen konnten in Kurdistan (Irak) versorgt werden, für das Trommelfell fehlt es aber während des Krieges einfach an genug Spezialisten. In solchen Fällen schickt die kurdische Regionalregierung (KRG) seine Soldaten nach Deutschland, oft Berlin, um schnell und ordentlich versorgt zu werden. Die deutsche Klinik erhält den Befund vorab und klärt mit dem Team vor Ort ab, ob eine Behandlung in Deutschland aussichtsreich erscheint. Wenn die Vorgespräche gut laufen, bescheinigt die deutsche Klinik die bevorstehende Behandlung und das Visum wird für den Verletzten und seine Begleitung problemlos erteilt. Die Behandlung erfolgt dann auf Englisch und ist nicht anders, als bei allen anderen Patienten. Die Verbindungen zwischen deutschen und kurdischen Politikern sind vielfältig, die Geschichte der Kooperationen lang. So war vor wenigen Jahren der ehemalige irakische Präsident Jalal Talebani, welcher selber gegen Saddam kämpfte, lange in der Charité in der Behandlung. Leiter seines Medical Teams war Dr. Najmaldin Karim, der Gouverneur von Kirkuk. Auch militärisch gibt es einige Überschneidungen. Der jesidische Peschmerga-Kommandant Kasim Schesho ist deutscher Staatsbürger und stellte sich im Sindschar-Gebirge (Shingal) gegen den IS. Peschmerga-General Yussuf hatte lange die Kontrolle über den Flughafen Kirkuk und besitzt ebenfalls einen deutschen Pass. Wie kommt es also, dass man hier so wenig davon mitbekommt? Die Deutschen hängen diese Verbindungen nicht an die große Glocke, in Kurdistan ist es aber bekannt und normal.

Wenn die Peschmerga wieder fitter sind, wollen sie natürlich etwas vom Land und den Leuten hier kennen lernen. Dabei helfe ich gerne – gerade wenn es sich um Leute handelt, die mal zu meinem Sicherheitsteam gehört haben. In diesem Fall hatten sie drei Ziele auf der Liste: Schloss Sanssouci, einen Bauernhof und den Berlin Story Bunker. Sanssouci und den Bauernhof hatten sie bereits besucht. Meinen Bunker zeigte ich ihnen in einer Sonderführung. Mich beeindruckt immer wieder, wie sehr sich kurdische Kämpfer für Geschichte interessieren. In Deutschland dann eben für deutsche Geschichte. Ich musste weder Voltaire noch Kaiser Wilhelm noch die Märzrevolution erklären. Es folgten lange Gespräche über die politische Situation in Europa und im Nahen Osten. Wer unterstützt wen warum und wann wird der Krieg gegen den IS enden.

Für dieses Mal sind die Kämpfer versorgt und fliegen zurück nach Kurdistan (Irak) an die IS-Front. Dort führen sie den Krieg, den die meisten nur aus dem Fernsehen kennen und der aufgrund der Dauer zu einer langweiligen Meldung verkommen ist. Für sie geht es um nicht weniger, als um das Überleben ihrer Freunde und Familien.

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