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Der asymmetrische Raketen-Wettlauf im Roten Meer

In vielen militärischen Konflikten der vergangenen Jahre gibt es einen deutlich stärkeren und moderneren Beteiligten sowie einen scheinbar deutlich unterlegenen. Sei es der Islamische Staat im Irak und Syrien, die Hamas in Israel oder die Huthi im Yemen. Eine solche Konstellation endet fast immer in einer asymmetrischen Kriegsführung bei welcher sich der Unterlegene simple und erprobter Methoden bedient, um die finanziellen, materiellen und menschlichen Kosten auf der Gegenseite in die Höhe zu treiben. Klassischerweise gehören dazu Selbstmordattentäter oder die Provokation mit billigen Waffen auf der einen Seite, welche zu einer Antwort mit teueren Waffen auf der anderen Seite führen sollen. An diesem Punkt sind wir nun im Roten Meer. Die Huthi benutzen relativ billige Raketen, welche vor allem von den USA und Grossbritannien mit sehr teueren abgeschossen werden müssen.

Die HMS Diamond (vorne) und HMAS Melbourne . Foto: Gary Weatherston/MOD
Die HMS Diamond (vorne) und HMAS Melbourne . Foto: Gary Weatherston/MOD

Dieser Ansatz ermöglicht es den Rebellen, mit begrenzten Ressourcen erheblichen Schaden anzurichten und die gut ausgestatteten Militärmächte vor große Herausforderungen zu stellen. In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf die Dynamik dieses Wettlaufs und die Auswirkungen auf die beteiligten Parteien.

Raketenwettlauf billig vs. teuer

Die Huthi-Rebellen im Jemen setzen auf günstige Raketen, die sie entweder selbst herstellen oder von Unterstützern wie dem Iran erhalten. Diese Raketen sind oft einfach konstruiert und können relativ preiswert produziert werden. Im Vergleich dazu sind die Raketen der britischen und amerikanischen Streitkräfte hochentwickelte und teuere Waffensysteme. Die Huthis nutzen diese Kostendifferenz geschickt aus, indem sie eine große Anzahl von Raketen einsetzen, um die teueren Abwehrsysteme zu überlasten.

Der Einsatz von teueren Raketen zur Abwehr der günstigen Raketen der Huthis hat erhebliche finanzielle Auswirkungen auf die britischen und amerikanischen Streitkräfte. Die Produktionskapazität für die teueren Raketen ist begrenzt, was zu einer langsamen Produktion und hohen Kosten führt. Insbesondere die wichtigen und viel verwendeten SM-2 und SM-6 Raketen sind kostspielig und werden in geringen Stückzahlen hergestellt. Die Huthis hingegen können ihre günstigen Raketen in größerer Anzahl produzieren und einsetzen, was die Kosten für sie niedrig hält.

Nachschublogistik als Problem

 HMS Diamond feuert eine Sea Viper Rakete ab. Foto: Ben Sutton
HMS Diamond feuert eine Sea Viper Rakete ab. Foto: Ben Sutton

Die begrenzte Produktion und die hohen Kosten der teueren Raketen stellen auch eine Herausforderung für die Nachschublogistik dar. Die bestehenden Bestände müssen sorgfältig verwaltet werden, um sicherzustellen, dass ausreichend Raketen für den Einsatz verfügbar sind. Gleichzeitig müssen die strategischen Materialien, die für die Raketenproduktion benötigt werden, in ausreichender Menge verfügbar sein. Dies stellt eine weitere Schwierigkeit dar, da die Verfügbarkeit dieser Materialien oft unzureichend ist.

Die älteren SM-2 und die moderneren SM-6 Raketen sind wichtige Verteidigungssysteme der britischen und amerikanischen Streitkräfte gegen die Angriffe der Huthis. Die Produktion dieser Raketen ist langsam und die Lieferungen werden auf verschiedene Verbündete aufgeteilt. Während die Entwicklung der SM-2 vor rund 50 Jahren begann, ist die SM-6 der moderne, bessere aber auch teuerere Nachfolger. Seit 2017 hat Raytheon 856 Raketen in der Block 1/1A Variante an die US-Streitkräfte geliefert. Das Ziel der Amerikaner ist es, diese Zahl bis 2028 zu verdoppeln und die Produktionsrate auf 300 Raketen pro Jahr zu steigern. Derzeit liegt die Produktionsrate jedoch maximal bei der Hälfte und es ist unklar, ob Raytheon das in naher Zukunft ändern kann.

Die geopolitische Dimension der Huthi-Raketen

Die Huthi-Raketen stellen eine ernsthafte Bedrohung für die kommerziellen Schiffe, wie Containerschiffe und andere Frachter dar. Ein großer Teil des Welthandels geht durch das Rote Meer und den Sueskanal. Der Umweg um das Kap der guten Hoffnung kostet 40% mehr Treibstoff.

Die Huthis haben in der Vergangenheit eine Reihe von Angriffen auf Schiffe im Roten Meer durchgeführt und dabei sowohl ballistische Raketen als auch Drohnen eingesetzt. Diese Angriffe gefährden den freien Seeverkehr und bedrohen die Sicherheit der Schifffahrtsrouten.

Der Konflikt im Jemen hat auch eine geopolitische Dimension. Die Huthis werden vom Iran unterstützt. Dieser unterstützt unter anderem auch die Hamas in Israel, die Hisbollah im Libanon und verschiedene schiitische Gruppen im Irak. Die koordinieren auch Proteste in Europa. Der Einsatz der günstigen Raketen durch die Huthis hat große Auswirkungen auf die Sicherheit und Stabilität der Region, ist am Ende aber nur ein Teil des Puzzles. Die Eskalation des Konflikts könnte zu einer weiteren Destabilisierung führen und die Spannungen zwischen den beteiligten Parteien erhöhen.

Komplexe Lieferketten

Die Huthis können ihre einfachen Raketen in Mengen produzieren und einsetzen. Die britischen und amerikanischen Streitkräfte sind auf komplexe und teuere Lieferketten angewiesen und müssen präzise und zuverlässige Waffen liefern, um den hohen westlichen Standards zu genügen. Terror ist einfach, Präzision in einer Demokratie nicht. Die Huthis nutzen diese Schwäche geschickt aus, um ihre Angriffe aufrechtzuerhalten und Druck auf die gegnerischen Streitkräfte auszuüben.

Die Auswirkungen auf die beteiligten Parteien

Sollte das Rote Meer und dadurch der Sueskanal längerfristig unbenutzbar werden, so wird dies immer stärkere Auswirkungen auf den europäischen Handel und die Industrie haben. Der Umweg über das Kap der Guten Hoffnung ist rund 40% länger. Der weltweit erreichte Schaden dürfte das investierte Geld für Raketen um das Tausendfache übersteigen.

Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser asymmetrische Wettlauf weiterentwickelt und welche Auswirkungen er auf die beteiligten Parteien haben wird.

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