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Iranische Drohnen – im Nahen Osten und der Ukraine

In der Nacht vibriert das Handy – es muss jemand sein, der auf meiner „VIP“ Liste ist, sonst würde ich es nicht angezeigt bekommen. Also die engste Familie oder Kollegen, die gerade irgendwo an der Front sind. 

Rettungskräfte im Einsatz nach den Angriffen. Foto: МВС України
Rettungskräfte im Einsatz nach den Angriffen. Foto: МВС України

„Moin – Kyiv wieder angegriffen. Bis jetzt 4 Explosionen…“, ist das erste, was ich von Christoph Klawitter lese, unserem Fotografen in Kyiv. Ein Blick auf die Alarm App zeigt: Es geht die ganze Zeit weiter. Nach zwanzig Jahren Afghanistan und fast zwei Jahren Ukraine bringt ihn nichts so schnell aus der Ruhe. Aber heute ist es so schlimm, wie lange nicht: „Das scheppert … Alter Verwalter“ – die nächste Nachricht. Dazu ein Video, in dem laute Explosionen zu hören sind. Vor einer Woche war ich während der Drohnenangriffe in Kyiv. Da war es leiser. Russland hat seinen Terror im Laufe der Jahre optimiert, um mehr Zivilisten ermorden zu können.

Screenshot: Russische X-101 Rakete schießt Täuschkörper ab
Screenshot: Russische X-101 Rakete schießt Täuschkörper ab

Die russischen Marschflugkörper schießen nun im Anflug auf die Wohnhäuser Täuschkörper ab („Chaffs“ und „Flares“), solche mit wärmesuchenden Flugabwehr-Raketen und solche, die Radar ablenken. Dadurch können die russischen Raketen weiter in die Städte hinein fliegen und treffen immer wieder bewohnte Gebäude. 

Christoph Klawitter in der Ukraine (Archiv)
Christoph Klawitter in der Ukraine (Archiv)

„Hier haben die Gebäude gewackelt, die Wohnung und die Fensterscheiben. Sehr laute Explosionen von der Flugabwehr sowie von den Einschlägen der Marschflugkörper und von den Teilen der abgeschossenen Flugkörper. Die Druckwellen haben auch die Alarmanlagen ausgelöst, welche dann in der gesamten Stadt zu hören waren. Leute in meinem Gebäude saßen alle in den Fluren versammelt, und viele waren in Angst und Panik. Das waren wieder russische Raketen und iranische Drohnen“, berichtet Christoph weiter.

Screenshot der Alarm-App
Screenshot der Alarm-App

Eine Freundin von mir teilt auf Instagram das Bild ihres Kindes in der leeren Badewanne, mit Spielzeug. Badezimmer haben oft keine Fenster, sind also der sicherste Ort in der Wohnung. Die berstenden Scheiben sorgen schnell für so viele Schnittverletzungen, dass man die vielen Blutungen nicht mehr rechtzeitig stoppen kann. Bunker gibt es kaum. Man müsste in die U-Bahn oder Parkhäuser fliehen und hoffen, dass diese halten. Es ist nicht anders, als in Deutschland. Bei uns wachsen auch keine Bunker, wenn uns jemand angreift. Es gibt eigentlich überall zu wenige.

Während ich mit Christoph Klawitter im Austausch stehe, warte ich am Flughafen Erbil in Kurdistan-Irak auf einen Bekannten. Während ich an einem Ende des Flughafens mit einem Cappuccino in der Sonne stehe, wird am anderen Ende des Flughafens die Luftabwehr des US-Stützpunktes aktiviert. Der Stützpunkt teilt sich das Rollfeld mit dem zivilen Flughafen. Sie schießen eine iranische Drohne ab (wir berichteten). Wie bei Christoph in Kyiv.

Doch wie kann der Iran, seit Jahrzehnten von Sanktionen geplagt und von der Welt abgeschnitten, Waffen für mindestens zwei Kriege liefern? Eher mehr – nach Gaza liefern sie auch.

Iranisches Drohnenprogram

In den letzten Jahren hat der Iran seine Drohnen- und Waffenprogramme erheblich ausgebaut. Trotz internationaler Sanktionen ist es dem Land gelungen, eine beeindruckende Palette an unbemannten Luftfahrzeugen (UAVs) zu entwickeln und zu produzieren. Diese Drohnen haben in Konflikten im Nahen Osten, insbesondere in Syrien und Irak, eine bedeutende Rolle gespielt. Darüber hinaus hat der Iran seine militärische Zusammenarbeit mit Russland intensiviert. Die iranischen Drohnen, aufgrund ihres Fluggeräusches von den Ukrainern „Moped“ genannt, haben in der gesamten Ukraine Angst und Terror verbreitet.

Der Iran begann in den 1980er Jahren während des Iran-Irak-Krieges mit der Entwicklung von Drohnen. Diese Drohnen wurden zunächst für Aufklärungs- und Überwachungszwecke eingesetzt und konnten sich nicht mit denen des Westens messen. Im Laufe der Zeit wurden sie jedoch immer besser und somit auch für Angriffe verwendet.

Inzwischen hat der Iran ein weites Angebot von Drohnen: Einige sind klein und leicht, ideal für Kurzstreckenaufgaben, während andere größer und leistungsfähiger sind, mit der Fähigkeit, über längere Strecken zu fliegen und Nutzlasten wie Bomben oder Raketen zu tragen. Die militärische Zusammenarbeit zwischen dem Iran und Russland hat in den letzten Jahren zugenommen. Ein Schlüsselelement dieser Zusammenarbeit ist die gemeinsame Entwicklung und Produktion von Drohnen. 

Trotz internationaler Sanktionen hat der Iran seine Drohnen- und Waffenprogramme weiter vorangetrieben. Die Sanktionen haben zwar die Wirtschaft des Landes beeinträchtigt, doch haben sie die Entwicklung von Drohnen und anderen militärischen Technologien nicht wesentlich gehemmt. Tatsächlich hat der Iran bewiesen, dass er trotz der Sanktionen in der Lage ist, fortschrittliche militärische Ausrüstung zu produzieren – aber keine fortschrittlichen PKW.

Iranische Drohnen in der Ukraine und im Nahen Osten

In der Ukraine haben Drohnen eine entscheidende Rolle gespielt. Sie wurden sowohl von den ukrainischen Streitkräften als auch von den von Russland unterstützten Separatisten eingesetzt. Drohnen wurden für Aufklärungs-, Überwachungs- und Angriffsmissionen eingesetzt. Darüber hinaus gab es Berichte über die Verwendung von Drohnen für taktische Bombardierungen und sogar für Selbstmordanschläge.

In Konflikten im Nahen Osten, insbesondere in Syrien und Irak, haben iranische Drohnen eine wichtige Rolle gespielt. Sie wurden für eine Vielzahl von Aufgaben eingesetzt, einschließlich Aufklärung, Überwachung und für Angriffe auf US-Soldaten. Es gibt auch Berichte über den Einsatz iranischer Drohnen durch nichtstaatliche Akteure wie die libanesische Hisbollah und die Huthi im Jemen.

Die Zukunft von Irans Drohnenprogramm

Die Entwicklung von Drohnen und Waffenprogrammen durch den Iran stellt eine bedeutende Herausforderung für die internationale Sicherheit dar. Trotz internationaler Sanktionen hat das Land eine beeindruckende Palette von Drohnen entwickelt und produziert, die in Konflikten im Nahen Osten und darüber hinaus eingesetzt wurden. Diese Entwicklung unterstreicht die Notwendigkeit für die internationale Gemeinschaft, wachsam zu bleiben und Maßnahmen zu ergreifen, um die Verbreitung dieser Technologie zu kontrollieren und zu begrenzen.

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